GRÜN

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Die Farbe Grün

Grün ist eine Farbe, eine gemischte Farbe, eine gewachsene und wachsende Farbe.
Grün ist die Farbe, die Grundfarben miteinander in Beziehung setzt.
Physisch Gelb und Blau, komplementär zu Rot. Grün ist die Vierte im Kreuz, im Quadrat, im Kreis.
Grün ist die Urfarbe, die Gelb, Rot und Blau durch die Beziehung zueinander erst definiert.
Grün ist, vor der wissenschaftlichen Möglichkeit durch Lichtbrechung die Grundfarben zu bestimmen,
den Grundfarben zugeordnet gewesen.
Grün ist der Bewuchs der Erde, der Frühling, das Aufkeimen, das Reifen.
Das Strahlen der Eichen im Frühjahr – frisch ausgeschlagene Blätter – für ein paar Tage goldgrün.
Grün ist der Grund – der Wiesengrund, der Urgrund – dort wo aufgetreten werden kann.
Dort wo der eigene Standpunkt betreten wird, dort wo Phoenix aus der Asche aufsteigt ohne abzuheben.
Grün ist das lichte Zeichen des Verwesens alles Fleischlichen. Grün ist der Strom.
Anstrengend dagegen anzuschwimmen, müßig und leidvoll.
Grün ist das Gift, das benutzt wird, wenn einem Leben bedrohlich nahe kommt.
ES ist grün. Traumhaft natürlich.
Grün ist sichtbarer, spürbarer Lebensraum – das Selbstempfundene – das Natur sein.
Grün, wie ich es in meiner Arbeit zeige, zitiert Natur um auf die eigene Natur hinzuweisen
ohne Natur zu kopieren oder zu imitieren.
Das Äußere und das Innere beginnen einen Dialog über das Zitat – kommunizieren und kommen sich nahe.
Dieser zarte Dialog zwischen dem Grün ist ständig bedroht von zeitgemäßen Illusionen und fluchtbedingter Intellektualität.

In meiner Arbeit „grün – brachland“steht eine grüne Bank auf einem Stück grüner Wiese
innerhalb eines Ackers – offene Erde – umgeben von einer grünen Kulisse, einer grandiosen Parklandschaft.
Unzählige Grüntöne. Von Mai bis Oktober ist das Grün der Bank für sich gestanden im Dialog mit den Grüntönen
seiner Umgebung. Ein Angebot an den Besucher Platz zu nehmen auf einer grünen Bank,
auf einem Stück grüner Wiese, innerhalb eines Ackers umgeben von Wiese, Sträuchern,
Bäumen, unter dem Himmel in der Luft inmitten einer Stadt, in Blickrichtung durchflossen von einem Fluß – einem Strom,
der unsichtbar an einem vorüberzieht und durch strömt.

Mit mir bin ich – Gold ist ein Weg und der ist Grün.
Grün ist die vergessene Geliebte der Landschaftsmaler.
In meinem Zyklus “grüne Landschaften“ zitiere ich Landschaften als Empfindungsräume.
Drei Streifen zeigen menschliche Landschaftswahrnehmung – ein Gefühl von Naturraum.
Unten blickdicht – Grund – Horizont. Mitte durchlässig – bewegt – Atmosphäre.
Oben gelb oder Rot – stetig – Licht oder … – immerwährend.
Durch Reduktion und die Farbe Grün kollektive Naturerinnerung ansprechen.

Mit ähnlicher Intention entstand die Installation
„grün – von der Schwierigkeit die Erde zu betreten oder Gang mit Holzboden und Landschaftsbildern“.
Auch hier zitiere ich einen Waldweg, einen Steg – deplaziert im zweiten Stock eines Schlosses.
Die bereits vorhandenen grünen Vorhänge sind zugezogen,
die wirklich idyllische Naturszenerie vor den Fenstern ist ausgeschlossen.
An der gegenüberliegenden Wand hängen kleine grüne Landschaften – Landschaftsessenzen –
wie eine Projektion durch die Ritzen des Vorhanges.
Der Besucher begeht den unsicheren Steg – er betritt den Holzboden – bewegt sich dadurch
zwischen dem Dialog des Grüns, ist Teil des Dialogs. Auf der kleinen grünen Landschaft
in der Mitte des Holzbodens steht „Hiermit kündige ich Ihre Erwartung mit sofortiger Wirkung !“.
Naturerinnerung als Motivation den Blick aus sich heraus zu wagen – das vergrabene Sein,
die Verschüttung erschüttern.
Grün ist der Schnittpunkt zwischen Geschichte, Religion, Politik, Selbsterlebtem und Dasein – ein Standpunkt in Bewegung.

Grün ist ein Dialog zwischen Kulturen. Kommunikation zwischen Menschen und ihrer inneren und äußeren Natur.
Das Wort grün und die Farbe grün sind die Plattform – die Grundformel – mit der Wahrnehmung angeregt wird.
Instrument, um Berührung zu ermöglichen, einen bewegenden Dialog anstoßen.
Alltägliche Farbwahrnehmung mit Bewusstwerden laden, kollektive Naturerinnerung auf sich hinweisen,
der Schmerz des sich ausgestoßen Fühlens, die Hoffnung auf ein Leben im Einklang mit sich – der eigenen Natur.
Natur sein.
Optische und emotionale Berührungen – wie ein zarter Hauch im Nacken – schaffen Kontakte.
Das Meer gerät in Bewegung, beginnt zu schwappen.

Andreas Pytlik 11.02/7.03